100 Boote - 100 Millionen Menschen

Mohammed B. (zweiter von rechts) und Abelkrim Belkadi (ganz rechts)

Mohammed B. (zweiter von rechts) und Abelkrim Belkadi (ganz rechts)

Marienborn. In der Gedenkstätte Deutsche Teilung in Marienborn fand eine Auftaktveranstaltung zum Projekt "100 Boote - 100 Millionen Menschen" statt: Unter Anleitung wurden in Kleingruppen die ersten Boote gefaltet. Aus der AWO-Migrationsberatung Braunschweig waren Einrichtungsleiter Martin Stützer und Teammitglied Abdelkrim Belkadi vor Ort. Sie wurden begleitet von zwei Ratsuchenden der Einrichtung, Frau Mojgan M. und Herr Mohammed B.: Beide flohen per Boot vor einigen Jahren auf verschiedenen Routen und aus unterschiedlichen Gründen nach Europa und berichteten den Gästen mit authentischen und bewegenden Kurzvorträgen über ihre Flucht und das Ankommen in Europa:

 *   Mohammed B. aus dem Sudan arbeitete bis zum Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes als Koch in Libyen. Nach Ausbruch von bürgerkriegsähnlichen Zuständen floh er 2012 per Boot zunächst nach Italien und landete in Sizilien. Mit an Board waren knapp 80 weitere Flüchtlinge. Einer von ihnen verstarb bereits kurz nach Beginn der mehrtägigen Fahrt.

 *   Mojgan M. floh 2015 mit ihrer Familie aus religiösen Gründen aus dem Iran. Die Christin stieg in Begleitung ihres Mannes und ihrer damals zwei- und achtjährigen Kinder nach einer vorangegangenen Odyssee in ein Boot zur Überfahrt aus der Türkei nach Griechenland. Das Boot war für zwölf Personen ausgelegt, an Bord waren aber 27 Menschen. Mojgan trug ihre Bibel mit sich - und es gelang ihr, die für sie sehr bedeutsame Schrift, wenn auch lädiert,  mit in den Zielhafen zu bringen. In Griechenland campierte die Gruppe einige Tage ohne Verpflegung auf einem Friedhof. Alle Bootsinsassen, inzwischen verstreut in Europa lebend, stehen bis heute untereinander in Kontakt. Mojgan wünscht sich, ihre Geschichte als Buch niederzuschreiben und anschließend verfilmen zu lassen.

Martin Stützer informierte die Teilnehmer*innen, dass im Bereich des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig in der nächsten Zeit mehrere Boote gefaltet und künstlerisch gestaltet werden. Er wies daraufhin, dass Europa zwar einerseits mit unterschiedlichen Maßnahmen an der Beseitigung der Fluchtgründe arbeiten müsse - dass andererseits aber die Flüchtlinge und ihre Helfer*innen nicht kriminalisiert werden dürfen.

Das Projekt "100 Boote - 100 Millionen Menschen" der AWO-Ehrenamtsakademie Sachsen-Anhalt:

Millionen von Menschen sind weltweit auf der Flucht. Kriege, Naturkatstrophen und Hunger zwingen sie, ihre Heimat zu verlassen. Ihre Wege sind verworren und lebensgefährlich, das Ankommen im neuen Zuhause selten einfach. An ihren Zielorten sind die Geflüchteten oft auf umfangreiche Unterstützung angewiesen. Als Aufruf zur Solidarität sollen 100 XXl-Faltboote entstehen. Menschen können sich an verschiedenen Orten beteiligen, die 5 Meter langen Kunstwerke zu falten. Alle Boote werden zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2024 vor dem Reichstag in Berlin aufgestellt. Dort wirken als Aufruf an Politiker*innen und Bürger*innen, sich für Menschen auf der Flucht einzusetzen.

https://www.awo-sachsenanhalt.de/100Boote