Eine stolze Bilanz: Zehn Jahre Heidberg AKTIV

Martin Stützer und Alena Timofeev vor dem Nachbarschaftsladen des Integrationsprojeketes "Heidberg AKTIV".

Martin Stützer und Alena Timofeev vor dem Nachbarschaftsladen des Integrationsprojeketes "Heidberg AKTIV".

Braunschweig. Am Anfang stand eine Anfrage der Stadtverwaltung. »Man wollte damals seitens des Bundes Stadtteile fördern, die einen hohen Migrantenanteil sowie eine geringe Veranstaltungs- und Vernetzungsstruktur aufwiesen«, erinnert sich Martin Stützer, Leiter der AWO-Migrationsberatung.

 

Beides traf in Braunschweig besonders auf den Heidberg zu. Der »Lokale Aktionsplan« der Stadt (kurz: LAP) sah zur Umsetzung dieses Bundesprogramms vor, das friedliche Miteinander aller Bewohnergruppen vor Ort zu fördern und den Anwohnern Beratungs-, Bildungs- und Freizeitangebote zu bieten. Die Arbeiterwohlfahrt sollte dabei als Träger fungieren. Das war die Geburtsstunde des integrativen Stadtteilprojekts »Heidberg AKTIV«, das heute sein zehnjähriges Jubiläum feiert.

 

»Quartiersarbeit« nennt man so etwas heute. Alena Timofeev, damals Praktikantin bei der AWO, war von Anfang an dabei. »Zuerst jedoch als auf vier Jahre befristete studentische Honorarkraft. Ich wohnte zwar damals im Heidberg, kannte den Stadtteil jedoch kaum«, erzählt sie.

 

Die erste Aktion, die sie ins Leben rief, war eine interkulturelle Frühstücksrunde. Das war am 30. März 2011. »Anfangs waren wir an einigen Tagen nur zu viert«, lacht die ursprünglich aus dem russischen Omsk stammende Projekt-Koordinatorin rückblickend. Doch schnell stieg die Zahl auf 30 Personen an. Alena Timofeev und ihre bald hinzugekommene Kollegin Justyna Zdanowicz initiierten Sprachkurse, eine kostenlose Sozialberatung, Ausstellungen, Beschäftigungsangebote für Kinder und sogar einen Gesundheits- und Sicherheitstag.

 

Schon bald war »Heidberg AKTIV« aus dem Quartier nicht mehr wegzudenken. Das zunächst auf vier Jahre begrenzte Stadtteilprojekt erhielt daher ab 2011 zusätzlich städtische Fördergelder. Stützer: »Wenn sich der Bezirksrat damals nicht für eine Förderung ausgesprochen hätte, wäre das wohl das Aus gewesen.« So aber ging es weiter – auch nach Auslaufen der vierjährigen Anschubfinanzierung des Bundes.

 

Durch unermüdlichen Einsatz konnten immer neue Kooperationspartner dazugewonnen werden, mit denen man Aktionen wie den »Heidberger Bürgerbrunch«, die Ausstellungsreihe »Heimat im Koffer« oder das alljährliche »Konzert der Vielfalt« in Angriff nahm. Gemeinsam entwickelten die Kooperationspartner die Idee der Stadtteilzeitung namens »SÜDLICHT« und setzten sie um. Auch der »Arbeitskreis Heidberg« oder Veranstaltungen wie der Heidberger Weihnachtsmarkt wären ohne das Stadtteilprojekt undenkbar. Die AWO-Vorstandsmitglieder sahen die positive Entwicklung und gaben den Projekt-Verantwortlichen die notwendige Rückendeckung.


Als die Flüchtlingswelle 2016 auch den Heidberg erreichte, stand man vor neuen Herausforderungen. Für die 156 Bewohner der Turnhalle Naumburgstraße wurden Sprachkurse organisiert, Ausflüge in den Zoo und mehrere »Willkommens-Cafés«. Selbst Ministerpräsident Stephan Weil kam im Rahmen seiner Wahlkreisbereisung in den Heidberg, um sich über »Heidberg AKTIV« zu informieren. »Wie viele Mitarbeiter haben Sie eigentlich? 50 Personen?«, fragte er ungläubig. Dass Alena Timofeev hauptsächlich mit ehrenamtlichen Helfern arbeitet, beeindruckte auch ihn.

 

Ein Meilenstein war die Eröffnung des AWO-Nachbarschaftsladens am Erfurtplatz. Lange hatte man sich bemüht, einen Bürgertreffpunkt, ganz nach dem Vorbild in der der Weststadt, ins Leben zu rufen. Im Sommer 2018 war es schließlich so weit. Seitdem sind Alena Timofeev und ihre beiden Kolleginnen von Heidberg AKTIV direkt vor Ort anzutreffen. »Oft kommen ältere Anwohner auf eine Tasse Kaffee vorbei, nur, um zu reden«, sagt sie. Hier gibt es Filmabende, einen Handykursus für Senioren, eine monatliche Bürgersprechstunde des Bezirksrats und sehr viel mehr.


Doch auch traurige Momente gab es. Beispielsweise, als ein Fenster des Nachbarschaftsladens mit Hakenkreuzen verunstaltet wurde oder der AWO-Pavillon in der Stettinstraße mit ausländerfeindlichen Parolen.

 

Gern hätte Heidberg AKTIV das zehnjährige Jubiläum mit einer großen Party auf dem Erfurtplatz gefeiert, doch die Corona-Pandemie machte dies leider unmöglich. Trotzdem blicken Martin Stützer und seine Mitarbeiterinnen zufrieden zurück. »Es gab im Heidberg zwar viel, aber es fehlte eine Vernetzung«, meint Martin Stützer. »Man kann sagen, dass wir unseren Auftrag mehr als erfüllt haben. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen.«

 

 

Die beiden prägenden Frauen von Heidberg AKTIV:
Justyna Zdanowicz (links) und Alena Timofeev,

gezeichnet von Karsten Weyershausen.