AWO fordert zum 1. Mai Tarifvertrag Soziales

Braunschweig. „Die Arbeit von Beschäftigten in den sozialen Berufen entlastet heutzutage nahezu alle im Alltag. Das fängt bei der Kinderbetreuung an und hört bei Pflege von Angehörigen auf. Und dennoch wird der Wert der sozialen Arbeit zu selten hervorgehoben“, erklärt der Braunschweiger AWO-Vorstandsvorsitzende Rifat Fersahoglu-Weber. Der morgige 1. Mai biete einen guten Anlass, um das gemeinsame Bewusstsein für die Bedeutung der Sozialen Arbeit zu betonen. Klar sei: Ohne die Leistung der Beschäftigten in den sozialen Berufen sei keine fortschrittliche, vorwärtsgewandte Gesellschaft zu machen

 

„Aufgrund verschlechterter Rahmenbedingung wird die soziale Arbeit zunehmend unattraktiv. Der Staat darf sich hier nicht aus der Verantwortung ziehen“, betont der Vorstandsvorsitzende. Zugleich erforderten insbesondere der demografische Wandel und veränderte Familienstrukturen einen enormen Ausbau des sozialen Bereichs. Die Politik müsse sich dieser Verantwortung stellen. Allerdings bediene sie sich seit Beginn der Neunzigerjahre verstärkt wettbewerbsfördernder Steuerungsinstrumente.

"Das gewünschte Ergebnis, durch mehr Wettbewerb effektivere soziale Arbeit zu gewährleisten und alte Strukturen auf Seiten der Einrichtungen aufzubrechen, ist längst eingetreten", stellt Fersahoglu-Weber fest. Was man jetzt beobachten müsse, sei eine absurde Kostensenkungsstrategie zu Lasten der Beschäftigten.

"Es liegt heute auf der Hand, dass nur ein bundesweiter allgemein verbindlicher Entgelttarifvertrag Soziales den wettbewerbsbedingten Kostensenkungsdruck aushebeln kann", hebt der Braunschweiger AWO-Vorstandssitzende hervor. Die besondere Rolle der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, die Aufgaben wahrnehme, die sonst staatlich erbracht werden müssten und dann deutlich teurer wären, dürfe nicht zum Kostensenkungsinstrument verkommen, in dem der Staat versuche, durch eine Konkurrenzsituation Preise zu drücken.

 

„Der Wettbewerb muss über die Qualität der Dienstleistungen geführt werden und darf nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter, die schlecht bezahlt werden, ausgetragen werden“, mahnt Fersahoglu-Weber. Im Klartext heiße dies: Qualität statt Lohndumping.

 

„Die Situation ist komplex, aber davor dürfen wir nicht zurückschrecken", erklärt Fersahoglu-Weber entschlossen und weist darauf hin, dass in Niedersachsen die Weichen für einen Tarifvertrag Soziales gestellt werden könnten. "Hier wird es gemeinsame Initiativen zwischen dem AWO-Bezirksverband Braunschweig, der Diakonie und ver.di geben", sagt Fersahoglu-Weber. Niedersachsen könnte so die Initialzündung für einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Soziales auf der Bundesebene geben.