Zurück in den Fünfzigern: Jeder dritte junge Mann findet Gewalt an Frau „akzeptabel“ - AWO fordert massive Investitionen in frühkindlicher, schulischer und außerschulischer Bildung

Wer bisher dachte, die Tage der toxischen Männlichkeit neigten sich ihrem Ende zu, sieht sich schmerzlich getäuscht. Sportlich sein, genug Geld verdienen, in der Beziehung das Sagen haben - das gehört laut einer Umfrage zum Bild von Männlichkeit für junge Männer in Deutschland. Es geht sogar bis zur Akzeptanz von Gewalt gegen Frauen. In Deutschland ist Männlichkeit auch bei Jüngeren offenbar noch immer geprägt von traditionellen Rollenbildern. Laut einer Befragung der Organisation Plan International sieht sich die Hälfte der 18- bis 35-Jährigen in einer Beziehung als "Versorger", der das Sagen hat. Handgreiflichkeiten gegen Frauen findet ein Drittel von ihnen in Ordnung. Demnach gaben 33 Prozent der befragten Männer an, es "akzeptabel" zu finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin gelegentlich "die Hand ausrutscht". 34 Prozent seien gegenüber Frauen schon mal handgreiflich geworden, um ihnen Respekt (wovor?) einzuflößen, heißt es weiter.

 

Die Ergebnisse der Befragung zeigen deutlich, dass viele junge Männer in Deutschland aktuell ziemlich traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit haben. Bei ihnen bestehen demzufolge viele Verhaltensmuster und Einstellungen, die sowohl für sie selbst als auch für Frauen und Menschen mit diversen Geschlechteridentitäten schädlich sein können. In den Diskussionen um Gleichberechtigung ging es bisher hauptsächlich um die Emanzipation von Mädchen und Frauen.

 

Jungen und Männer müssen dazu ermutigt werden, sich kritisch mit gesellschaftlichen Vorgaben und Rollenbildern aus den Medien für Männlichkeit auseinanderzusetzen. Viele Frauen unterstützen oft und ermutigen Männer, sich zu ändern und tradierte Verhaltensweisen abzulegen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um langfristig Gleichberechtigung und nachhaltige Geschlechtergerechtigkeit für alle zu erreichen.

 

„Andererseits zeigt die Befragung schonungslos das Versagen der Bildungspolitik in Deutschland“, sagt Dirk Bitterberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig e.V. „Männliche Vorbilder in Kitas und Grundschulen sind eher die Ausnahme. Aktuelle Forderungen nach Absenken der Qualitätsstandards in den Kitas und das Ende der frühkindlichen Bildung zugunsten einer reinen Betreuungssicherung werden mit dieser Befragung schmerzlich auf das Zurückgeworfen, was es ist: Populistische Klientelpolitik.“

 

Quellen: Plan International, Tagesschau